Wednesday, October 2, 2013
Sonnenallee (1999) Besprechung
OK, erstmal das Unvermeidliche aus dem Weg. Ja, ich schreibe in Deutsch. Meine Fresse, mehr als eine Sprache, wo kommen wir denn da hin? Warum in Deutsch, fragst du? Ganz einfach, heute ist 3. Oktober, Tag der Deutschen Einheit. Moment, alle Deutschen haben heute frei? Und ich muss malochen? Wird Zeit, dass hier in den Staaten ein paar extra Feiertage eingeführt werden.
Welchen Film also könnte ich besprechen zu diesem besonderen Anlass? Es muss auf jeden Fall etwas Deutsches sein. Wie wärs mit Goodbye, Lenin? Ach, den hab ich schon besprochen. Das Experiment? Passt nicht ganz zum 3. Oktober. Der Untergang? Reichlich schwere Ware und auch nicht wirklich passend zum Datum. Herr Lehmann? Ja, das läuft schon eher, aber ich glaube, da gibt es noch was Besseres. Ich habs! Sonnenallee!
Sonnenallee, ein Film mit Makeln, aber doch so liebenswert. Obwohl ich hinter der Mauer geboren wurde, würde ich nicht behaupten, viel vom Osten mitbekommen zu haben, zumindest nicht bewusst (wie bewusst kann man sich schon sein, wenn man während des Mauerfalls noch in Windeln köttelt). Daher basieren alle meine Erfahrungen mit der DDR nur auf den Erinnerungen und Geschichten meiner Eltern, und natürlich auf Filmen und Musik. Hier kommt Sonnenallee ins Spiel.
Gedreht in den späten 90ern kann man Sonnenallee als einen der ersten deutschen Filme beschreiben (nach dem Mauerfall), der sich mit Ostdeutschland auseinandersetzt (wenn auch nicht besonders kritisch). Die Geschichte dreht sich um eine Gruppe junger Leute in Ostberlin, die direkt an der Mauer leben, am kürzeren Ende der Sonnenallee. Allesamt adoleszent, allesamt mit mal mehr, mal weniger weitreichenden Träumen und Plänen. Micha (Alexander Scheer) ist verliebt in die Nachbarschönheit Miriam, aber die treibts mit einem Wessi. Mario (Alexander Beyer) fängt eine Beziehung mit einer Satre-liebenden Alternativen an, hat aber selber keine Ahnung vom Existentialismus. Wuschel (Robert Stadlober) ist ein versessener Rolling Stones Fan, hat aber nicht das Geld um an eine Kopie von Exile on Main Street vom Schwarzmarkt zu kommen. Dazu kommen noch ein Haufen sekundärer Charaktere, die nicht viel mehr zu tun haben, als für Pointen oder andere Witzeleien da zu sein.
Es ist schnell klar, dass Sonnenallee nicht daran interessiert ist, ein realistisches Bild der DDR zu zeichnen. Genausowenig versucht der Film, die bedrückende Atmosphäre widerzuspiegeln, die wir im meisterhaften Das Leben der Anderen erlebt haben. Nein, Sonnenallee ist eine Coming of Age Story, es geht darum erwachsen zu werden und mit den Realitäten des Lebens ins Berührung zu kommen. In dem Sinne hätte der Film genausogut irgendeinen anderen Schauplatz haben können, im Endeffekt funktionieren die Charaktere universell, nur die Klamotten und Sprache ändern sich.
Das soll natürlich nicht heißen, dass Sonnenallee sich nicht seine zeitliche und raumliche Umgebung zunutze macht. Viele Dinge haben einen extremen Ostalgie-Wert (angefangen von den obligatorischen Trabis, über Club Cola bis hin zum Mufuti, an den selbst ich mich noch erinnern kann) und nicht selten werden manche Dinge einfach nur eingeworfen um einen Lacher aus dem Publikum herauszukitzeln. Nun liegt es natürlich im Auge des Betrachters, wie der Ton herüberkommt. Ich habe von einigen Leuten, die wirklich in der DDR aufgewachsen sind, die Beschwerde gehört, dass sich der Film nur über die DDR lustig mache und nicht das wahre Leben repräsentiere. Ja, der Film macht sich über die DDR lustig, jedoch nie auf gehässige Weise. Man merkt, dass die Macher des Films, Regisseur Leander Haußmann und Drehbuchautor Thomas Brussig (beides gebürtige Ossis), sich ihrer Vergangenheit bewusst sind. Doch anstatt in die Falle zu treten und in nostalgischer Manier die Vergangenheit schöner darzustellen als sie wirklich war, gehen sie in die andere Richtung und präsentieren alles mit einem zwinkernden Auge. Das mag dem einen schwer im Magen liegen, ich jedoch für meinen Teil finde es einfach nur witzig und unterhaltsam.
Das bedeutet leider auch, dass der Film im Endeffekt wirklich nur das ist, komisch und unterhaltsam. Kritische Reflektion oder Analyse wird man vergebens suchen in Sonnenallee und tiefgründig wäre wohl das letzte Wort um den Film zu beschreiben. Nichtsdestotrotz hat sich Sonnenallee erstaunlich gut gehalten. Obwohl das Drehbuch nicht viel mehr ist als eine Aneinanderreihung von Ereignissen, die lose miteinander zusammenhängen, schafft der Film es dennoch von vorne bis hinten zu amüsieren. Ein Großteil seines Unterhaltungswertes verdankt der Film seinen exzellenten Nebendarstellern, allen voran Henry Hübchen und Katharina Thalbach als Michas Eltern. Dazu dann noch der passende Soundtrack und die spaßigen Dialoge und das alles ergibt einen vergnüglichen, wenn auch nicht besonders tiefschürfenden, Film, den ich so gut wie jedem ans Herz legen kann.
Und nun zu dem wichtigsten Teil: Heute ist nicht nur Tag der Deutschen Einheit sondern auch der Geburtstag meinen Bruders Nick. Also, kleiner Bruder, alles Gute zum Geburtstag!
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